Licht am Ende des Tunnels?

Was Bremen tun muss, um aus der Krise zu kommen

Die Pandemie hat die Wirtschaft im Land Bremen auf besondere Art und Weise getroffen. Wir brauchen jetzt einen echten Re-Start, sagt unser Referent für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Dr. Tobias Peters.

Text: Dr. Tobias Peters
Foto: Kay Michalak
1. Mai 2021

Bremen hat in der Corona-Krise mit sieben Prozent das größte Minus an Wirtschaftsleistung aller Bundesländer eingefahren – woran liegt das? 
Zurückzuführen ist dies vor allem auf das verarbeitende Gewerbe. Der Umsatz brach hier während des ersten Lockdowns deutlich stärker ein als im bundesweiten Durchschnitt, erholte sich im Anschluss jedoch wieder. Am stärksten betroffen war der Fahrzeugbau, der unter dem Abriss der Lieferketten litt. Im Bremer Mercedes-Werk standen die Bänder erstmals seit Jahrzehnten wochenlang still. Zuletzt musste die Produktion erneut wegen fehlender Teile unterbrochen werden. Den deutlichsten Umsatzrückgang verzeichnete die bremische Industrie im Ausland, insbesondere außerhalb der EU. Im April 2020 betrug der Umsatz hier nur noch ein Drittel des Vormonats. Im Vergleich zum Februar ging der Auslandsumsatz Bremer Betriebe außerhalb der EU sogar um drei Viertel zurück. Die Zahlen für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts sind auch nur vorläufige, grade für Bremen ergeben sich immer nochmal deutliche Veränderungen.

Wie sahen die Folgen für den bremischen Arbeitsmarkt aus? 
Im Jahresdurchschnitt gab es 2020 mit 432.600 Menschen rund 5.200 Erwerbstätige weniger als 2019. Der Rückgang war der erste seit zehn Jahren und leicht größer als im Bundesdurchschnitt. Im Juni-Vergleich sank die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um rund 1.750 oder 0,5 Prozent und damit etwas stärker als bundesweit. Allerdings sind hier die monatlichen Schwankungen zu berücksichtigen. Die Arbeitslosenquote im Land Bremen stieg im Jahresdurchschnitt um 1,3 Prozentpunkte auf 11,2 Prozent. Auch wenn der Zuwachs in den beiden anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg noch größer ausfiel, hat Bremen damit weiterhin die höchste Arbeitslosenquote unter allen Bundesländern. Schlimmeres wurde auch in Bremen durch Kurzarbeit verhindert. Vor allem in der Industrie, aber auch in der Gastronomie und anderen Dienstleistungsbranchen konnte so Beschäftigung gesichert werden. Ein Gesamtbild aus Stellenabbau, dem Mangel an neu geschaffenen Jobs und realisierter Kurzarbeit ergibt sich mit Blick auf das Arbeitsvolumen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dieses ging 2020 insgesamt deutlich zurück, im vergangenen Jahr lag die Summe der Arbeitsstunden im Land Bremen so niedrig wie zuletzt 2013.

Was hat Bremen bereits getan, um aus der Krise zu kommen? 
Neben der Umsetzung von Bundesprogrammen reagierte der Stadtstaat früh auch mit eigenen Maßnahmen. Auch dadurch wurde eine zügige Erholung ermöglicht. Die spezielle Betroffenheit Bremens in der Corona-Krise wurde auch in einem Gutachten herausgearbeitet, das der Senat zum sogenannten Bremen-Fonds in Auftrag gegeben hatte. Ähnlich wie beim Bund und in anderen Ländern sollten so die Mittel bereitgestellt werden, um notwendige Maßnahmen beim Gesundheitsschutz und der Unterstützung von Menschen und Unternehmen zu ergreifen. Neben der unmittelbaren Krisenbewältigung ist Ziel dieses Fonds auch, längerfristig die Modernisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur zu unterstützen. Das ist gut. 


Wie sollte Bremen jetzt tun? 
Bei der Konkretisierung der Programme sollte nun darauf geachtet werden, neben den direkten Impulsen für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts auch anderen Zielen wie vorgesehen gerecht zu werden: von Investitionen in Kitas und Schulen über die Förderung von Quartieren bis zu Arbeitsmarkt-, Qualifizierungs- und Ausbildungsprogrammen. Davon würden Beschäftigte profitieren. Klar ist: In Bremen wie im Rest der Republik wird die Erholung der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts eng mit der pandemischen Entwicklung verknüpft bleiben. Beim Impfen muss man zügig vorankommen und eine vierte Welle unbedingt vermeiden. Und dann müssen die Lasten des Lockdowns und anderer zum Gesundheitsschutz notwendiger Maßnahmen fair verteilt werden. Gerecht aus der Krise zu kommen heißt auch, zukünftig wieder für mehr Chancengleichheit zu sorgen. Auch hierfür sind öffentliche Investitionen unabdingbar.


Wie steht Bremen aktuell wirtschaftlich da? 
Momentan geht es in Bremen wie überall darum, möglichst gut und schnell aus dem wirtschaftlichen Tal heraus und wieder auf das Niveau von vor der Krise zu kommen. Wir brauchen einen echten Re-Start nach Corona, auch weil die wirtschaftliche Entwicklung in Bremen und Bremerhaven schon lange vor Corona nicht so dynamisch war wie anderswo. Bei der wirtschaftlichen Erholung nach der schlimmsten Phase der Pandemie sind wir insgesamt in Deutschland auf einem ganz guten Weg, der Hoffnung macht. Nur lauern im Ausklang und im Nachgang von Krisen auch immer Gefahren und man muss aufpassen, dass die Unterschiede nicht zunehmen: zwischen den Menschen und ihren finanziellen Situationen, aber auch zwischen Städten und Regionen. Aus der Corona-Krise können sich auch Möglichkeiten ergeben, wenn das zur Verfügung stehende Geld sinnvoll ausgegeben wird, der strukturelle Wandel durch kluge Investitionen vorangetrieben und die nötige Transformation in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Mit der Digitalisierung und der Dekarbonisierung stehen beispielsweise immense Zukunftsaufgaben an, für die es viele gut qualifizierte Beschäftigte braucht. Bildungsinvestitionen sind wichtig, um Kinder und Jugendliche, die von Schulschließungen besonders betroffen waren oder die nun keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, zu unterstützen und Beschäftigte weiterzubilden. Das gebietet nicht nur die Chancengleichheit, es wird sich auch wirtschaftlich auszahlen. Am Aufschwung, der jetzt hoffentlich kommen wird, sollen schließlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angemessen teilhaben.