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© 2024 Arbeitnehmerkammer Bremen

Beratungen zu Kündigungen nehmen wieder zu

Arbeitnehmerkammer zählt für 2023 rund 86.400 Beratungen

Das Auslaufen der Coronahilfen für Betriebe und die zunehmend schwache Konjunktur haben sich 2023 auch auf die Beschäftigten im Land Bremen ausgewirkt. So stieg die Zahl der Beratungen in der Arbeitnehmerkammer zu arbeitgeberseitigen Kündigungen um knapp 15 Prozent auf 4.383. „Unter Corona und auch in den vergangenen Monaten haben sich viele Arbeitgeber noch zurückgehalten und abgewartet – das scheint nun vorbei, Kündigungen nehmen wieder zu“, berichtet Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. Der negative Trend könnte sich auch im Jahr 2024 fortsetzen – die Wirtschaftsprognosen sind gedämpft, die Arbeitslosigkeit könnte wieder steigen. „Notwendig ist eine Wirtschaftspolitik, die Impulse für Investitionen setzt und nicht weiter in die Krise hineinspart. Der schwachen Wirtschaftsentwicklung muss aktiv entgegengetreten werden“, fordert Rosenthal.

Insgesamt hat sich 2023 das Beratungsgeschehen der Arbeitnehmerkammer langsam den Vor-Corona-Jahren angeglichen. So sind auch die Beratungen zur Insolvenz des Arbeitgebers wieder angestiegen. Vermehrt kamen im vergangenen Jahr auch wieder Ratsuchende in die persönliche Beratung vor Ort. Über alle drei Standorte Bremen-Stadt, Bremen-Nord und Bremerhaven hinweg führte die Arbeitnehmerkammer 2023 rund 86.400 Beratungen durch.

Gehalt weiterhin Top-Thema in der Beratung

Fragen zum Gehalt führen mit mehr als 6.100 Beratungen weiterhin die Rangliste der Top-Themen an. Dabei ging es häufig um verspätete Lohnzahlungen, nicht bezahlte Überstunden oder anders vereinbartes und somit falsch gezahltes Gehalt. „Insbesondere in Betrieben ohne geltende Tarifverträge und ohne Betriebsräte gibt es vielfach Unsicherheit und somit oft Streit um die Vergütung. Häufig trifft es ohnehin prekär Beschäftigte mit schwierigen Arbeitsbedingungen“, betont Stephan Giese, Rechtsberater der Arbeitnehmerkammer. Dazu zählen zum Beispiel Beschäftigte in der Leiharbeit, Gastronomie und Hotellerie.

Belastungen weiterhin hoch

Mit Sorge beobachten die Rechtsberaterinnen und -berater der Arbeitnehmerkammer die anhaltend hohen psychischen und körperlichen Belastungen vieler Beschäftigter. Vor allem in den Hotels und der Gastronomie, im Reinigungsgewerbe und in der Logistik sei dies zu beobachten. In Branchen wie der Gastronomie oder der Logistik berichteten die Ratsuchenden von nach wie vor schlechten Arbeitsbedingungen – trotz wachsenden Fachkräftemangels. „Viele Ratsuchende sind wirklich verzweifelt. Oft kommen gleich mehrere Faktoren zusammen: wenig Geld, hoher Arbeitsdruck, fehlende Kinderbetreuung oder Mobbingerfahrungen – ein wachsender Teil der Beschäftigten ist einfach am Limit“, mahnt Stephan Giese. Auch in Bereichen, in denen es auf den ersten Blick nicht erwartet wird, wie etwa im öffentlichen Dienst, berichten Ratsuchende von hoher Arbeitsbelastung aufgrund von Personalmangel.

Sonderauswertung zur Arbeitszeit

Besonders in den Blick genommen hat die Rechtsberatung im vergangenen Jahr alle Fragen und Probleme rund ums Thema Arbeitszeit. Bei den 1.000 ausgewerteten Beratungen hat sich gezeigt, dass vor allem die Überstunden Schwierigkeiten bereiten – gefolgt von der Lage der Arbeitszeit und Minusstunden. Ein häufiges Problem: Die zu erledigende Arbeit ist nicht in der vorgesehenen Zeit zu schaffen – Überstunden will der Arbeitgeber aber nicht ausgleichen, wie zum Beispiel häufig in der Pflege der Fall.

Ein weiteres Problem: Obwohl der Europäische Gerichtshof schon 2019 entschieden hat, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen muss, wird dies häufig nicht umgesetzt. Als Schutzargument führten Arbeitgeber an, dass es vor allem für die Beschäftigten negative Auswirkungen habe. „Das Argument einiger Arbeitgeber: Dann müsste künftig auch jeder Toilettengang oder jedes Kaffeeholen zeitlich erfasst und von der Arbeitszeit abgezogen werden. Unsere Erfahrungen zeigen natürlich ein deutlich anderes Bild: Nicht die fünf Minuten Kaffeetrinken sind das Problem, sondern die vielen Überstunden, das Missachten von Pausen- und Ruhezeiten“, berichtet Stephan Giese aus der Beratung.

Urlaubstipp zum Jahresanfang

Immer wieder geht es in der Beratung auch ums Thema Urlaub. Neben den klassischen Fragen rund um Anordnung oder Ablehnung von Urlaub beschäftigt die Juristen auch immer wieder die Frage: „Kann ich alten, nicht genommenen Urlaub mit ins neue Jahr nehmen?“ Insbesondere kleine und nicht mitbestimmte Unternehmen weisen ihre Mitarbeiter oft nicht auf bestehende Urlaubsansprüche hin, die zum Jahresende eigentlich verfallen. Fehlt aber ein solcher Hinweis, bleiben die Urlaubsansprüche erhalten. Das heißt: Wer noch alten Urlaub aus dem Jahr 2023 hat und vom Arbeitgeber nicht darauf hingewiesen wurde, dass der Urlaub im neuen Jahr erlischt, behält seine Ansprüche.

Öffentliche Rechtsberatung: Heizkosten vermehrt Thema

In der öffentlichen Rechtsberatung, die die Kammer im Auftrag des Landes für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen durchführt, gab es mit 2.791 Beratungen erneut viele Fragen zum Mietrecht – vor allem zum Thema Betriebs- und Heizkostenabrechnung. „Die erhöhten Energiekosten bei Strom und Gas werden vor allem mit der jetzigen Betriebskostenabrechnung zu Buche schlagen“, prophezeit Giese. Viele seien finanziell nicht in der Lage gewesen, Geld zurückzulegen oder ihre Abschläge anzuheben.

Gut die Hälfte der knapp 12.000 Menschen, die die öffentliche Rechtsberatung in Anspruch nehmen, sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen oder Rentner. Auffällig insgesamt: In der Stadt Bremen sind die Beratungen zur Privatinsolvenz gestiegen. „Krankheit oder Scheidung sind die häufigsten Gründe, warum sich Menschen verschulden – also Lebenssituationen, die uns alle treffen können“, so Giese.  

Berufskrankheiten: Long Covid künftig kaum mehr anerkannt

2023 hat die Arbeitnehmerkammer 302 Beratungen zu Berufskrankheiten durchgeführt – ein Höchststand. Der größte Anteil fällt dabei auf die Beratung zum Verdacht auf eine Berufskrankheit und die damit verbundene, oft sehr umfangreiche und komplizierte Antragstellung. „Belastungen im Nachhinein über ein ganzes Berufsleben zu dokumentieren, ist für Betroffene allein kaum machbar – deshalb ist die Hilfe bei der Antragstellung so wichtig und auch stark nachgefragt“, betont Stephan Giese.

Muskelskeletterkrankungen wie etwa Bandscheibenvorfälle oder Kniearthrose sowie Infektionskrankheiten wie Covid-19 kommen am häufigsten in der Beratung vor – wobei Beratungen zu Corona langsam zurückgehen und vermutlich auch 2024 weiter abnehmen werden. „Die rückläufige Zahl der Corona-Beratungen hat allerdings nichts mit einer rückläufigen Zahl von Erkrankungen zu tun“, macht Stephan Giese deutlich. Entscheidend sei vielmehr die weggefallene PCR-Testpflicht. „Wenn ich beweisen will, dass ich durch eine Corona-Infektion bei der Arbeit erkrankt bin und dadurch auf Dauer meinen Beruf nicht mehr ausüben kann, muss ich die Infektion nachweisen – entweder durch einen PCR-Test oder aber einen Schnelltest, der von Fachpersonal durchgeführt wurde“, betont Giese. Da dies aber inzwischen keine Pflicht mehr sei, könnten viele ihre Covid-Erkrankung nicht mehr nachweisen. „Wir raten allen, die sich im beruflichen Zusammenhang mit Corona infizieren, sich dies entsprechend nachweisen zu lassen. Das Geld ist gut investiert“, betont Giese.


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